Um 12
Immer wieder checkte ich die E-mails in meinem Postfach nie
hatte ich eine bekommen. Immer wartete ich auf eine Antwort doch hatte ich ja keinem
geschrieben, wer sollte da schon antworten. Draußen staubig die Satelliten
Schüsseln stapeln sich ungeschickt an den gegenüberliegenden Hauswänden und ich
musste an flachgedrückte Pilze denken. Die Kinder aus der islamischen
Grundschule nebenan strömen auf den Spielplatz. Die Mädchen stehen in kleinen
Gruppen versammelt, eine zeigt den anderen etwa kleines Geheimes, von oben
sieht man nur noch ihre dunkelhaarigen Köpfe zu einem Nest zusammengewachsen.
Die Jungs spielen Fußball schubsen sich springen ihre Energie verteilt sich wie
ein Lauffeuer über den Platz. In zwei Tagen wirst du kommen, über den Spielplatz,
du meintest gegen 12 und wenn du sagst gegen 12 dann ist es genau 12. Da wird
Mittagspause sein und ich werde dich vom Fenster aus beobachten, dein
empfindlicher Körper in gute Kleidung gehüllt, dunkel der Stoff aus festem
Material, eine Verbesserung der Hautqualität. Dein Blick wird unsicher sein
suchend die dunklen Schatten unter deinen Augen Nebelnachmittage die halb
eingezogen Unterlippe das Etikett deines Jackett nach außen gestülpt, die Falte
zwischen deinen Augenbrauen ein Schnitt, die unebenen Hautstruktur ein Herbstteich.
Das alles werden deine Indizien sein, fein und doch deutlich so viel deutlicher
als Du: Ein gutaussehender zeitgenössischer junger Akademiker in den ersten
Jahren der Professionalität, verantwortungsbewusst und trotzdem voller
Leichtigkeit. Ich werde dir die Nervosität ansehen das dich einer dieser wilden
Jungs erwischt zu Boden reist dir seine Caprisonne ins Gesicht spritzt und den
Fuß auf deiner Brust abstellt wie auf einer erlegten Beute. Doch es wird alles
gut ausgehen für dich, deine guten Schuhe auf den Holztreppen ich weder
überlegen ob es übertrieben ist ein paar Stockwerke nach unten in deine
Richtung zu gehen weil ich diese halbe Minute wenn du das Haus betrittst bis du
vor meiner Wohnugstüre stehst unheimlich finde weil ich den Stoff zwischen
deinen Beinen bei jedem Schritt rascheln höre deinen Atmen spüre wie ein Kohlekraftwerk
und denke ich würde in dieser halben Minute all deinen verborgenen Schmerz in
mich aufnehmen vielleicht weil es der Moment ist in dem du ihn versuchst du
verräumen vor mir zu verstecken, in deine Haarspitzen zu schieben, doch ich war
schon zu nahe zu geöffnet in der Türe gestanden und habe dein Dunkel im Moment
der Umplazierung abgefangen. Du wirst in meine Arme fallen wie ein nasser Sack.
Die Pause wird vorbei sein und meine Wohnung ganz still auf die Folter
gespannt, ohne Kindergeschrei, voll von dir.
Du wirst dich ungewöhnlich leicht fühlen.